Die Hauswand – Gedicht

Von den Abenteuern einer Hauswand

Was Hauswände alles erzählen könnten! Diese hier wird erst gekapert und dann mit Inbrunst verteidigt. Das folgende Gedicht fiel mir aus der Feder, als auf Facebook nach Geschichten über brotlose Künstler gefragt wurde. Na, wie Ihr gleich sehen könnt: Es ist etwas völlig anderes daraus geworden. Ich wünsche allen Gedichtlesern, Hausbesitzern, Wandanmalern, Sprayern, Graffitikünstlern und Hundehaltern viel Spaß beim Lesen.

Eure Anne Engelmann

Leseempfehlung ab 12 Jahren

Ein junger Mann mit einem an einen Teleskoparm geschnallten Pinsel steht vor einer ehemals weißen Hauswand und malt großflächige bunte Kleckse. Die Hauswand ist bereits in gelb, organge, rosa, pink und verschiedene Blautönen eingefärbt. Links und rechts zur Seite des Mannes sieht man zwei große Fenster, mit grau scheinenden Gardinen. Das rechte Fenster ist ebenfalls teilweise übermalt. Der Mann selbst trägt ein grünes T-Shirt mit einer blauen Kapuze. Auf dem Kopf trägt er eine orangefarbene Kappe. Auf dem Rücken trägt er einen orangenen Rucksack. Dieses Bild gehört zum Gedicht: „Die Hauswand“ von Anne Engelmann

Die Hauswand

Ein Künstler steht vor einer Wand,
die ist so leer,
das stört ihn sehr,
malt Punkt und Klecks ans weiße Haus,
das sieht nun schon viel bunter aus,
als ihn ein zweiter Künstler fand.

Zwei Künstler malen an der Wand,
berühren sich
beim Pinselstrich.
Sie seh’n sich an, der eine lacht,
der and’re voller Ärger macht
dem ersten Kleckse auf die Hand.

Zwei Künstler streiten vor der Wand,
es kommt ein Herr
mit Hund daher,
brüllt Mord und Holderzetrio
(das machen Hausbesitzer so);
und schnappt sich all den Farbbestand.

Drei fluchen laut vor dieser Wand,
die Farbe fliegt,
das Chaos siegt,
Pinsel jetzt benutzt als Degen,
versprüht seinen Farbenregen,
bunt sind bekleckst nun allesamt.

Der Hund verteidigt seine Wand,
ein Zwick ins Bein
vom Künstlerlein,
ein‘ Happs noch in des Klecksers Po,
dem zweiten geht es ebenso.
Der nimmt die Beine in die Hand …

Bald ist allein die arme Wand,
bunt anzuseh’n,
das find‘ sie schön!
Der Besitzer hat noch Kübel
vom reinsten Weiß, das ist übel;
er setzt sein Eigentum instand.

Ein Künstler steht vor einer Wand,
die ist so leer,
das stört ihn sehr …

Bild & Text © Anne Engelmann


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